Kartoffeln Können Cadmium Enthalten. Ist Bio Besser?

Cadmium – Bio versus Konventionell. Wer schneidet besser ab?

Cadmium gehört zu den giftigsten Elementen, die häufig in unserem Essen nachgewiesen werden. Unter den Elementen[1] sind nur Blei, anorganisches Arsen und die radioaktiven Stoffe noch giftiger – für sie gibt es keine sichere Aufnahmemenge. Gemessen an der Menge, die ein Mensch langfristig pro Tag aufnehmen darf, ohne Folgeschäden davon zu tragen, rangiert die Giftigkeit von Cadmium noch vor Quecksilber, Thallium und Uran. Tabelle 1 zeigt die tolerierbaren Mengen verschiedener Elemente im Vergleich – je kleiner diese tolerierbare Menge ist, desto giftiger ist der Stoff.

Tabelle 1 Tolerierbare Aufnahme (TDI) verschiedener Elemente in mg/kg Körpergewicht pro Tag

ElementTolerierbare Aufnahme (TDI) in mg/kg Körpergewicht pro TagTDI (mg/kg) bei 16,15 kg KörpergewichtTDI (mg/kg) bei 40 kg KörpergewichtTDI (mg/kg) bei 60 kg KörpergewichtTDI (mg/kg) bei 75 kg Körpergewicht
Blei00000
Cadmium0,000340,00550,01360,02040,0255
Quecksilber0,000570,00920,02280,03420,04275
Thallium0,00020,00320,0080,0120,015
Uran0,00060,00970,0240,0360,045
Antimon0,0060,0970,240,360,45
Aluminium0,1432,315,728,5810,725
Kupfer580,75200300375
Zink25403,75100015001875

Eine schön geschriebene und leicht verständliche Übersicht über Cadmium und dessen Giftigkeit findet man u.a. in dem Blog von Christiane Mohr, deshalb gehe ich nicht weiter auf Details zur Giftigkeit ein.

Für VerbraucherInnen stellen Lebensmittel die größte Cadmiumquelle dar, gefolgt – mit großem Abstand – von Hausstaub. Im Jahr 2009 stellte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) fest, dass bei Kindern und Erwachsenen die Cadmium-Aufnahme die toxikologischen Grenzen bereits deutlich überschreitet (siehe EFSA 2009 [3] dort Tabelle 30). Das bedeutet, man sollte unbedingt weniger Cadmium zu sich nehmen. In der APP „Essen ohne Chemie Plus“ kann man nachschauen (APP hier kaufen), wie viel Cadmium in welchen Lebensmitteln vorkommt. Vegetarier haben eine höhere Cadmium-Aufnahme und sollten besonders auf eine Reduktion dieser achten und ihre Zufuhr von Eisen, Kalzium und Zink optimieren, da ein Mangel an diesen Nährstoffen die Cadmium-Aufnahme aus dem Darm fördert (VEBU). In der APP gibt es auch Tipps, wie man Cadmium-Belastungen bei selbst produzierten Obst- und Gemüse im Garten verringern kann.

Dieser Artikel geht der Frage nach, ob Lebensmittel aus kontrolliert biologischem Anbau weniger Cadmium enthalten als konventionell produzierte. Die Frage mag zuerst verwundern, weil doch Bio-Landwirte und konventionell produzierende Landwirte in der gleichen Umwelt produzieren. Es gibt jedoch zwei wesentliche Unterschiede zwischen den Anbaumethoden.

  1. Landwirte, die kontrolliert biologischen Anbau betreiben, dürfen keine Mineraldünger einsetzen – und gerade Phosphordünger, die im konventionellen Anbau jährlich eingesetzt werden, können sehr hohe Mengen an Cadmium enthalten (pdf des sächsischen Lebensministeriums).
  2. Cadmium wird in Böden mit niedrigem pH-Werten (saure Böden) mobil und kann dann von Pflanzen aufgenommen werden. Böden im kontrolliert biologischem Anbau enthalten i.d.R. mehr Humus. Dieser sorgt für höhere pH-Werte und das Cadmium bleibt dadurch im Boden.

Soweit jedenfalls die Theorie. Für Getreide wurde diese Theorie bereits bestätigt. Barański et al. (2014) [3] zeigten, dass Bio-Getreide signifikant weniger Cadmium enthält. Bei Obst und Gemüse konnten die AutorInnen keine signifikanten Unterschiede feststellen.

Die Daten, die ich für die APP „Essen ohne Chemie“ vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) erstritten habe, erlauben einen eigenen Vergleich von Lebensmitteln aus kontrolliert biologischem Anbau und konventionell produzierten (siehe auch den Artikel zu Mykotoxinen).

In den Jahren 2011-2013 wurden durch die staatliche Lebensmittelüberwachung fast 27.000 Proben auf Cadmium untersucht. Unter diesen befanden sich auch fast 1000 Bio-Proben.

Trotz der relativ hohen Probenzahl ergeben sich nur für 9 Lebensmittel Vergleichsmöglichkeiten – bei den meisten Lebensmitteln ist die Anzahl der Proben zu gering (Anzahl Bio-Proben < 25). Tofu und Sojadrinks habe ich von der Auswertung ausgeschlossen, da ich davon ausgehe, dass in konventionell deklarierten Sojaprodukten viele Bio-Sojabohnen verarbeitet sind.

Bei den sieben bewerteten Lebensmitteln zeigten sich zum Teil deutliche Unterschiede zwischen Bio und Konventionell. Der Anteil cadmium-belasteter Bio-Proben war bei Bio-Basilikum und Bio-Dinkel niedriger als bei konventionell produziertem Basilikum und Dinkel. Sonst war der Anteil annähernd gleich.

Abbildung 1: Belastung mit Cadmium im Vergleich

CadmiumBelastung_Anteile

Ein Blick auf die Konzentrationen zeigt, dass Bio-Roggen und Bio-Kartoffeln 50% weniger Cadmium enthalten. Die folgenden Abbildungen zeigt die Verteilung der Cadmiumgehalte bei Roggen und Kartoffeln (in diesen Abbildungen sind nur die positive Ergebnisse [Cadmium > 0] dargestellt).

Abbildung 2: Streuung der Cadmiumgehalte (µg/kg) in Roggen

CadmiumBoxplot_Roggen

Abbildung 2: Streuung der Cadmiumgehalte (µg/kg) in Kartoffeln

CadmiumBoxplot_Kartoffeln

Wie man diese Boxplot-Grafiken liest, ist bei Wikipedia erklärt.

Bei der Hälfte der Proben (Median – [Erklärung siehe Wikipedia]) der Bio-Roggen und Bio-Kartoffeln lag der Cadmiumgehalt unter 8 µg/kg bzw. 7,5 µg/kg, während bei konventionell produziertem Roggen und Kartoffeln der Median bei 17 µg Cd/kg bzw. 18 µg Cd/kg lag. Mit Ausnahme von Dinkel lagen bei allen Bio-Lebensmitteln die Mediane unter denen von konventionellen Lebensmitteln.

Abbildung 3: Mediane der Cadmiumgehalte (µg/kg) 

CadmiumMedian

Die mittleren Cadmiumgehalte sind bei allen Bio-Lebensmitteln [4] niedriger. Bio-Roggen und Bio-Kartoffeln sind signifikant (zweiseitiger, ungepaarter t-test: 0,00006 bzw. 0,000003). geringer mit Cadmium belastet als konventionell produzierter Roggen bzw. Kartoffeln. Eine Grafik mit den Standardfehler ist weiter unten zu finden, die Leinsamen habe ich dort aus Gründen der Skalierung weggelassen.

Abbildung 3: Mittlere Cadmiumgehalte (µg/kg)  (Durchschnitt)

CadmiumMittelwert

Der Vergleich der Cadmiumbelastung von Bio-Lebensmitteln und konventionell produzierten Lebensmitteln bestätigt die Ergebnisse von Barański et al. (2014) zum Teil.

Die mittleren Cadmium-Gehalte sind bei allen sieben Bio-Lebensmittel niedriger, auch wenn die Unterschiede nur bei Bio-Roggen und Bio-Kartoffeln sehr stark (signifikant) sind. Beide Lebensmittel werden, je nach Region in relativ großen Mengen gegessen, eine Umstellung auf Bio kann hier möglicherweise die Cadmiumbelastung des Körpers deutlich verringern.

Um das mal zu veranschaulichen: Wenn ein Kind mit 16,15 kg Körpergewicht [5] 300 Gramm konventionelle Kartoffeln mit dem mittleren Cadmiumgehalt von 18 µg/kg isst, wird die tolerable tägliche Cadmium-Aufnahme schon fast erreicht (zu 98%). Das bedeutet, das Kind sollte an diesem Tag kein weiteres Lebensmittel, welches Cadmium enthält (z.B. Spinat) essen. Isst das gleiche Kind 300 Gramm Bio-Kartoffeln, wird die toxikologische Grenze zur Hälfte  ausgeschöpft.

Auch bei der Belastung mit, zum Teil krebserregenden Pilzgiften (Mykotoxinen) und bei Pestizidrückständen (siehe Öko-Monitoring Baden-Württemberg) schneiden Bio-Lebensmittel viel besser ab – so dass sich bei einigen hochgiftigen Stoffen insgesamt eine deutlich geringere Belastung durch den Verzehr von Bio-Lebensmitteln erreichen lässt.

NeuGraphikenMittelwerte

Fußnoten und Quellen

[1] Ich beziehe mich hier auf Elemente, die in Lebensmitteln vorkommen können.

[2] EFSA (2009): Cadmium in food – Scientific opinion of the Panel on Contaminants in the Food Chain. EFSA Panel on Contaminants in the Food Chain (CONTAM). European Food Safety Authority (EFSA)doi: 10.2903/j.efsa.2009.980

[3] Barański M, Srednicka-Tober D, Volakakis N, Seal C, Sanderson R, Stewart GB, Benbrook C, Biavati B, Markellou E, Giotis C, Gromadzka-Ostrowska J, Rembiałkowska E, Skwarło-Sońta K, Tahvonen R, Janovská D, Niggli U, Nicot P, Leifert C (2014): Higher antioxidant and lower cadmium concentrations and lower incidence of pesticide residues in organically grown crops: a systematic literature review and meta-analyses. British Journal of Nutrition 112(5):794-811. doi: 10.1017/S0007114514001366.

[4] Bei den Bio-Möhren wurde ein extrem hoher Wert von der Auswertung ausgeschlossen. Dieser Wert war, verglichen mit allen Cd-Nachweisen zu hoch (über doppelter Standardabweichung), so dass es sich hier evt. um einen Messfehler oder eine sekundäre Kontamination handelt.

[5] Dieses Körpergewicht ist das Referenzgewicht für deutsche Kinder bei der Risikobewertung für Pestizide – es stellt den „Vielverzehrer“ dar – siehe Glossar unter Verzehrsmengen.